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Nach einer ersten Einschätzung von Gemeindebrandinspektor Markus Böse lief die Übung im Rahmen der Feierlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen des KatS-Zuges Gilserberg sehr gut ab. Mängel erkannte er in der Kommunikation zwischen den verschiedenen Führungsebenen, "die aber zu erwarten waren", so Böse gegenüber nh24 im Anschluss an die Großübung.
Die Übung war, im Gegensatz zu vergleichbaren Szenarien in dieser Größenordnung, für die eingesetzten Feuerwehrfrauen und -männer mit einem großen Stressfaktor verbunden. Dazu beigetragen haben
nicht nur die sehr gut vorbereiteten Mimen, sondern auch die Knall- und Feuereffekte der Pyrotechniker aus Südhessen.
Steffen Schmitt, Jens Schömann und Oliver Neuwirth hatten sich die verschiedenen Szenarien ausgedacht. Knapp ein Jahr verbrachten die drei Feuerwehrleute aus Itzenhain mit dem Ausklügeln der
Unglücksfälle und deren praktischer Umsetzung.
Für die knapp dreihundert eingesetzten Feuerwehrleute und Helfer des DRKs sowie des Malteser Hilfsdienstes galt es, eine Vielzahl von verschiedenen Unglücksfällen mit sehr unterschiedlichen
Herausforderungen zu bewältigen.
Vor dem großen Alarm baute die Technische Einsatzleitung (TEL) des Landkreises im Feuerwehrhaus ihre Gerätschaften auf. Die Feuerwehren sowie die Sanitäts- und Betreuungszüge rückten an und warteten in Bereitstellungsräumen auf ihren Einsatz. Gegen 17:40 Uhr waren erste Explosionen über dem 200 Seelen Örtchen zu hören, die ersten Notrufe gingen ein.
Auf einem Hof explodiert eine Gasflasche, aus einer Scheune dringt dichter Rauch. Ein Mann steckt mit seinem Arm in einem Kipper fest und zwei Personen werden in einem Gebäude vermisst. Auf der
vom Hof abgewandten Seite ist eine Photovoltaik-Anlage auf der Scheune installiert, was die anschließenden Löscharbeiten weiter erschweren sollte.
Als die ersten Feuerwehrfrauen und -männer sich um den Verletzten bemühen, explodieren weitere Gasflaschen mit ohrenbetäubendem Lärm im Hof.
Unweit der ersten Unglücksstelle wurde ein Gefahrgut-Lkw von einer Windböe erfasst und von der Straße gefegt. Gefahrstoff tritt aus und fließt in einen angrenzenden Bach. Zu allem „Unglück“
verliert ein ausweichendes Fahrzeug Fässer mit Gefahrgut und überschlägt sich auf einer Wiese. Der Lkw-Fahrer wurde leicht verletzt. Ein Mädchen wirkt orientierungslos und bricht auf der Straße
zusammen. Am schlimmsten erwischte es eine Person aus dem Pkw, die beim Überschlag aus der Windschutzscheibe geschleudert und unter dem Pkw begraben wurde. Als die ersten Feuerwehrleute an der
Unfallstelle eintreffen, lodern bereits die Flammen auf dem Feld. Explosionen erschüttern ein ums andere Mal die anwesenden Zuschauer und Feuerwehrleute.
Etwa zeitgleich stürzt im Ortskern ein Baum auf ein Auto. Der Fahrer konnte sich befreien und kommt vor dem Wagen schwer verletzt zum Liegen. Eine Mitfahrerin im Fond wird durch den Baum schwer verletzt und im Wagen eingeklemmt. Unweit der Unfallstelle „zappelt“ ein junges Mädchen an einem Stromverteiler. Aus dem alten Gefrierhaus steigt bereits Rauch auf und in einem Fenster ist Feuerschein zu sehen. Feuerwehrleute kümmern sich um die Verletzten, löschen das aufkeimende Feuer und retten eine Person aus dem Gefrierhaus. Kollegen kümmern sich um die eingeklemmte Frau im Auto. Der Baum wird vom Wagen entfernt, das Dach des alten Fords an den Säulen abgeschnitten und herunter gehoben. Zusammen mit dem Rettungsdienst gelingt es, die Schwerverletzte vom Rücksitz zu befreien, bevor drei aufeinanderfolgende, heftige Explosionen den Wagen in Brand stecken.
Neben den geschilderten Unglücksfällen mussten die Einsatzkräfte sechs weitere Szenarien bewältigen. Darunter einige Brände, eine vermisste Jugendgruppe im Wald, ein Mann musste von einem Silo gerettet werden und ein Forstarbeiter hat sich beim Hantieren mit einer Kettensäge das halbe Bein abgeschnitten.
Die insgesamt 24 „verletzten Personen“ wurden an den jeweiligen Unglücksstellen von Rettungsteams erstversorgt und anschließend auf dem Behandlungsplatz auf den Transport in Kliniken
vorbereitet.
An allen Stationen waren Beobachter eingesetzt, deren Ergebnisse mit in die Abschlussbesprechung und Analyse der Übung einfließen werden.
Das Szenario Sommergewitter ist nicht weit hergeholt. In den letzten Jahren häufen sich diese Einsätze bei nahezu allen Feuerwehren im Schwalm-Eder-Kreis. Selbst ganz unterschiedliche Einsätze sind, wenn auch nicht auf so engem Raum, im vergangenen Jahr vorgekommen. Fast zeitgleich brannte während eines schweren Sommersturm am 10. Juni der REWE-Markt in Neukirchen, wurde ein Lkw-Fahrer durch einen herabfallenden Baum in seinem Führerhaus bei Schlierbach eingeklemmt und ein Tanklastzug war im Wald zwischen Wasenberg und Neustadt eingeschlossen - nh24 berichtete. Die Einsätze wegen überfluteter Keller und überschwemmter Straßen waren ungezählt. In dieser Nacht waren mehr als 500 Einsatzkräfte im Kreis unterwegs. (alw)